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Interview mit einem an ADHS-erkrankten jungen Mann

Wir hatten eine Unterhaltung mit einem 23 Jahre jungen Mann, der mit 11 Jahren mit ADHS diagnostisiert wurde. Er will anonym bleiben, aufgrund der persönlichen Informationen die er während des Interviews preisgibt. Wir haben mit ihm über sein Leben mit der Krankheit ADHS gesprochen, wie das seine Jugend beeinträchtigt hat und warum junge Menschen sich heutzutage nicht für ihre Krankheiten schämen sollten.  

Man sieht, dass immer mehr Menschen anfangen Medizin einzunehmen anstatt erstmal einen Termin beim Psychologen zu vereinbaren. Es gibt eine Tendenz dazu, dass immer mehr junge Menschen medikamentenabhängig werden, spezielle von ADHS-Medikamenten und dass das auf lange Sicht ziemlich gefährlich werden kann.  

Das ist ja auch die Schattenseite von der Krankheit, dass so viele diagnostiziert werden und dass es Menschen gibt, die diese Medizin wirklich brauchen. Es gibt viele Kinder, die wirklich ADHS haben und die Medizin brauchen, aber wenn das zu einer Art Inflation wird, und die Tabletten einfach allen verschrieben wird, dann schadet man damit denjenigen die wirklich ein Problem mit der Krankheit haben.  

Genau, und deswegen gibt es auch Probleme mit dem erhöhten Verbrauch von ADHS-Medizin, und deswegen müssen Fehler in der Medikation vermieden werden. Du sagst ja selbst, dass du mal vergessen hast deine Medizin einzunehmen, aber hinterher keine Veränderung in deinem Verhalten bemerkt hast?  

Nein, aber ich war seit 2007 auch nicht mehr bei meinem ADHS-Arzt, also das ist lange her. So weit ich mich erinnern kann, wurde ich 2005 mit der Krankheit diagnostiziert, und ein Jahr später haben wir darüber gesprochen, wie es mir mit der Krankheit geht, und ein Jahr später das gleiche nochmal, und das war das letzte Mal, dass ich beim Arzt war und das muss 2007 gewesen sein. Somit habe ich ärztlichen Ratschlag bei meinem ADHS-Arzt gesucht und auch erhalten.  

Also hast du momentan keinen Grund dazu, deinen Arzt zu sehen? 

Nein, nicht wirklich.  

Und 2005, da warst du 11 Jahre alt, hast du angefangen ADHS-Medizin zu nehmen, und hast damit 2010 aufgehört, als du 16 Jahre alt warst. War es wichtig für dich deine Symptome im Laufe der Schulzeit zu vermindern? 

Ja, ziemlich. Meine Lehrer haben mich oft angeschrien, bevor ich die Diagnose bekam, und als das aufgehört hat, ging es mir besser. Mit der Medizin wurde meine Schulzeit wesentlich angenehmer. Und als ich meine Diagnose bekam, wurden meine Lehrer viel geduldiger mit mir. Anstelle mich zu beschuldigen, wurde die Schuld auf die Krankheit geschoben. Dann ging es mir auch besser und die Lehrer haben mit meinen Eltern darüber geredet, wie gut mir Medizin täte. Natürlich gab es auch Zeiten, wo es nicht so gut lief, aber da waren meine Lehrer dann einfach noch geduldiger mit mir, weil ich eben diese Krankheit hatte.  

Also deine Lehrer haben dir sozusagen im Schulalltag geholfen? 

Ja, total. Und das war auch ein Thema in den Gesprächen bei den Elternsprechtagen.  

Wie viele Medikamente musstest du am Tag einnehmen? 

Im ersten Jahr habe ich morgens eine Tablette und vormittags eine Tablette eingenommen. Danach bin ich zu dem Medikament „Rinselin“ gewechselt, die ich nur 1x jeden Morgen eingenommen habe.  

Also du musstest maximal 2x am Tag Medikamente einnehmen?  

Ja.  

Kannst du uns vielleicht erklären, wie deine Medizin funktioniert? Was genau passiert, wenn man sie einnimmt? 

Ja, dass kann ich kurz erläutern. Also, das Medikament Risalin und ähnliche Medikamente vermindern die Rastlosigkeit, also die überschüssige Rastlosigkeit die ADHS-Patienten in sich tragen. Also wenn man kein ADHS hat, dann funktioniert das ganz anders, dann wird man total aufgeregt und hibbelig, und wenn man ADHS hat, dann beruhigt die Medizin diesen Überschuss an Energie im Körper. Bei einem Menschen, der diese Krankheit nicht hat aber die Medizin trotzdem nimmt, bewirkt sie das Gegenteil und man will die ganze Zeit reden und sich bewegen und kann sich gar nicht beruhigen. Deswegen kann eine Fehlmedikation hier verheerend sein, speziell bei Kindern, da die Wirkstoffe die Energiereserven total beansprucht, daher muss man mit der Medikation äußerst behutsam umgehen.  

Du meintest ja, dass du die Medikamente manchmal am Vormittag einnehmen musstest. Hattest du sie dann mit in der Schule? 

Ja, ich hatte meine Tabletten mit in der Schule.  

Und war es dir peinlich, die Tabletten in der Schule zu nehmen? 

Ja, am meisten, weil mir gesagt wurde, dass ich nichts darüber erzählen darf. Meine Eltern haben mir gesagt, dass ich nicht sagen darf, was für eine Medizin ich einnehme und dass ich ADHS habe.  

Und wie hast du die Medizin dann eingenommen, wenn die anderen das nicht bemerken durften? 

Meine Eltern haben meinen Klassenlehrer angerufen, der dann der ganzen Klasse erklärt hat, dass sie mich unter keinen Umständen fragen dürfen, was für Tabletten ich nehme. Deswegen war ich auch „the cool kid“.  

Glaubst du, dass es vielleicht weniger peinlich war, weil du deinen Mininizer dabei hattest? 

Also, der war ja mega cool, weil der mich auf eine Weise „besonders“ erscheinen ließ, und auch mehr „cool“, weil ich der Einzige mit so einer Pillendose war. Ich erinnere mich daran, dass die Dose mit den bunten Farben und dem vertrauenswürdigen Design, das Ganze mehr cool als peinlich gestaltet hat. Ich hab es mehr als ein Spielzeug betrachtet, was ich mit in der Schule hatte. Aber es war ja Medizin, also ziemlich ernst, deswegen kann man es nicht Kinderspielzeug nennen, sondern eher als praktisches Gerät bezeichnen 

Das ist ja auch die Idee, die hinter dieser besonderen Pillendose steckt: Nämlich Kindern das Gefühl zu geben, dass es okay ist, Medizin einzunehmen, was ein ernsthaftes Thema ist, aber es muss nicht „krank“ aussehen. Es kann ja trotzdem cool aussehen.  

Ja, und genau dass hat mir auch gut gefallen, weil es nämlich nicht so eine Pflegehilfsmittel war, wo man eine blaue oder durchsichtigte Pellendose hat. Der Mininizer ist so bunt gestaltet, dass er anschaulich für Kinder ist. Mein Favorit war ganz klar die orangefarbene Tagesdose. 

Also kann man sagen, dass es gut für dich war, den Mininizer bei dir zu haben, weil du dich damit nicht krank, sondern eher cool gefühlt hast? 

Ganz genau. Ich glaube, dass die Pillendose mir in meinem Alltag geholfen hat. Ich war sehr froh, als ich den Mininizer bekommen habe und fühlte mich irgendwie besonders, wenn ich den aus meiner Tasche gezogen habe. Ich würde den Mininizer ganz klar den Eltern empfehlen, die dieses Interview hier lesen und auch ein Kind mit ADHS haben. Kauft ihn euch! 

Wieso sollen Eltern den Mininizer für ihre Kinder kaufen? 

Sie sollen ihn kaufen, weil wir in einer Zeit leben, wo man sich nicht für seine ADHS-Medizin oder andere Medikamente schämen sollte. Diese Pillendose ist so farbenreich gestaltet, dass man sie als eine Art Statement sehen kann, dazu, wie man selbst seinen psychischen Zustand einschätzt, obwohl man mit ADHS diagnostiziert wurde. Man kann einen gewissen Stolz im Zusammenhang mit der Krankheit zeigen und beweisen, dass man diese Krankheit nicht verstecken will. Deswegen passt diese Pillendose richtig gut, weil die so ins Auge fällt, also kein Gegenstand ist, den man versucht zu verstecken oder verheimlichen. Ich glaube, dass würde allen diesen diagnostizierten Kindern helfen zu verstehen, dass sie sich nicht schämen müssen und dass würden sie bestimmt wertschätzen und würden ihren Eltern später dafür danken, dass sie den Mininizer gekauft haben, so wie ich.